"Wunder muss man selber machen." Sina Trinkwalder

Foto: Sina Trinkwalder


„Werdet Denker mit Herz und Verstand, denn das gibt es in der menschenentkoppelten Ökonomie nicht mehr."

Diesen Satz sagte Sina Trinkwalder 2016 zu Studierenden der Universität Bayreuth, nachdem sie diese aufforderte die Hände auf  Nacken, Bauch und Rücken zu legen. Danach fragte sie die Studierenden: "Warum macht ihr eigentlich jeden Scheiß, den man euch vorsagt? Weil einer vor euch steht und euch sagt, was ihr zu tun habt. Geht raus und denkt selbst!"

Ich beobachte Sina Trinkwalder schon ein paar Jahre. Ich wollte objektiv beobachtend sein, aber das funktioniert bei ihr nicht, denn sie reißt einen mit. Meine Oma hätte gesagt, sie hat ein goldenes Herz. So etwas Kitschiges würde ich natürlich nie sagen, aber sie berührt etwas in mir, das ganz nah am Wasser gebaut ist. Ich dachte immer mal: Na, wie lange noch? Hält sie durch oder wird sie aufgeben? Zum Glück gab sie nicht auf. Gründe dafür hätte sie sicher eine Menge gehabt. Was hat sie sich nicht alles anhören müssen und wie oft hat man ihr den ökonomischen Tod schon vorausgesagt. Aber sie hat es allen bewiesen. Ihr Geschäft wächst und wächst. Ihre Jeans, biologisch und regional, jedes Teil in Deutschland gefertigt, ist auf dem Markt und kostet nur 129,00 €

Sina Trinkwalder wurde am 28. Januar 1978 geboren. 2010 gründete die studierte Politik- und Betriebswirtschaftlerin, nachdem sie in der Werbebranche eine Menge Geld verdient hatte, eine Firma. Allerdings nicht irgendeine Firma, sondern „manomama“. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, am ehemaligen Textilstandort Augsburg, die Textilherstellung und -verarbeitung wieder lukrativ zu machen. Und sie ging noch einen Schritt weiter. Sie wollte ausschließlich ökologisch und regional arbeiten. Und als ob das alles nicht schon genug wäre, wollte sie Menschen, denen keiner eine Arbeit gibt, eine Chance eröffnen wieder in Lohn und Brot zu kommen. Und sie wollte dabei wirtschaftlich erfolgreich sein. Inzwischen hat sie etliche Preise für ihr Engagement verliehen bekommen (sogar das Bundesverdienstkreuz ist dabei), ein Doku-Mehrteiler über manomama wurde gedreht und sie hat einige Bücher geschrieben.

Auf ihrer Home-Page schreibt sie: „Jung & alt, gehandicapt, mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende, ohne Schulabschluss – sie alle haben etwas gemeinsam: In den Jobcentern werden sie geführt als „Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen“. Bei uns sind sie wertvolle und fleißige Familienmitglieder. Menschen, die bei manomama arbeiten. Ausschließlich in unbefristeten Arbeitsverhältnissen, nach Arbeitszeiten, die mit der Familie vereinbar sind." Sie weiß wie wichtig das ist, sie ist selbst Mutter. 

Inzwischen sind zu den bunten, praktischen Einkaufstaschen für dm, real und Edeka, die wohl bald jeder zuhause hat, viele weitere Produkte gekommen. Bequeme Unterwäsche, langlebige T-Shirts und Hoodies. Natürlich auch die Jeans, mit der sie beweisen wollte, dass man eine bezahlbare, regional hergestellte Hose auch in Deutschland herstellen kann. Alles das kann man nicht nur im Internet, sondern inzwischen auch im firmeneigenen Ladengeschäft, in der Augsburger Innenstadt, kaufen. 

Ein weiterer großer Wurf ist der Brichbag, ein Rucksack für Obdachlose, genäht aus Stoffabfällen von Markisenherstellern. Dieser Rucksack ist gefüllt mit Duschgel, Seife, Zahnbürste, Hautcreme und vielem mehr. Jeder kann einen leeren Brichbag kaufen und spendet damit einen halben gefüllten Brichbag an einen obdachlosen Menschen, irgendwo in Deutschland. Für die Hygieneartikel konnte sie eine Reihe renommierter Hersteller von Bio-Kosmetika gewinnen, die diese für Obdachlose so wichtigen Dinge spenden.

Wenn ich an Sina Trinkwalder denke, kommt es mir manchmal so vor, als müsse sie aus einer anderen Welt (von einem anderen Stern?) oder aus einer anderen Zeit kommen. Jedenfalls kann ich kaum glauben, dass das alles hier vor unserer Tür, in unserem sonst so harten Land, möglich ist. Dabei braucht es, wie ihr Beispiel zeigt, nur offene, mutige, tatkräftige Menschen mit Ideen, Stehvermögen und einem "Herzen aus Gold". Und wie man an ihr sehen kann, gibt es die in Deutschland.

Manchmal bedaure ich, dass Augsburg so weit weg ist. Ich wäre gern ein Teil von manomama. Jetzt kaufe ich mir und einem/einer Obdachlosen erstmal einen Brichbag, dann gehöre ich vielleicht auch ein bisschen dazu.


www.brichbag.de/gottfried-die-waerme

www.manomama.de 


Beiträge über Sina Trinkwalder:

Sina Trinkwalder – SINN|MACHT|GEWINN (sinnmachtgewinn.de)

Sina Trinkwalder: Von der Self-Made-Millionärin zur Sozialunternehmerin | NDR.de - Kultur

Lebenslinien - Sina Trinkwalder, Sozialunternehmerin aus Augsburg: Die Chancen-Schneiderin | Lebenslinien | BR Fernsehen | Fernsehen | BR.de



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